Vom Scharfrichter zum Arzt – vier Generationen Henker, Heiler, Menschen

Februar 27th, 2020

Mittwoch, 4. März, 19:00 Uhr: Vortrag von Dr. Kai Lehmann auf der Todenwarth

In der Schmalkalder Totenhofkirche befindet sich ein großes und kunstvoll gestaltetes Grabdenkmal für Hieronymus Wahl. Solche Epitaphe kosteten der hinterbliebenen Familie sehr viel Geld und bezeugen den Wohlstand und das Ansehen des Verstorbenen. Hieronymus Wahl aber war von 1657 bis 1681 Scharfrichter in Schmalkalden. Wie geht das zusammen? Hieronymus war der Sohn von Otto Heinrich Wahl, „dem“ Scharfrichter in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts schlechthin. Der Mann folterte und brachte z. B. hunderte von Hexen auf den Scheiterhaufen. Er war so gefragt, dass man ihn aus Weimar, Jena, Bamberg oder Würzburg anforderte. Eine der Töchter von Hieronymus Wahl heiratete Johann Jeremias Glaser, Scharfrichter in Meiningen und Wasungen. Glaser hielt in einem Rechnungsbuch sein Erwachsenen-Leben in Zahlen fest. Auf 350 Seiten findet sich jede Einnahme und Ausgabe die Glaser tätigte. Dieses Buch erlaubt einen Blick hinter die Maske des Scharfrichters auf den Menschen dahinter. Glasers jüngster Sohn wiederum studierte und wurde Stadtarzt in Suhl.

Diese vier Generationen sollen im Vortrag von Dr. Kai Lehmann, Direktor des Museums Schloss Wilhelmsburg, beleuchtet werden, wobei der Schwerpunkt aber auf dem Meininger/Wasunger Scharfrichter Johann Jeremias Glaser liegt. Durch dessen Rechnungsbuch kann sein Leben bis ins kleinste Detail nachvollzogen werden: angefangen davon, was es bei den Taufen seiner Kinder zu Essen und zu Trinken gab, über seinen Besitz in Wasungen (Wo wohnte er, besaß er noch andere Häuser und Gärten, wie sah die Inneneinrichtung seines Wohnhauses in Wasungen aus?) bis hin zu Glasers Beerdigung.Darüber hinaus geht der Referent auch Fragen nach, was überhaupt ein Scharfrichter ist, warum der Beruf als unehrenhaft galt, welche Todesstrafen es gab oder wie die Folter ablief. Aber es soll nicht um den Gruselfaktor gehen, sondern vielmehr darum, wie lebte ein vermeintlich brutaler und ungebildeter Mensch im ausgehenden 17. Jahrhundert. Waren Scharfrichter tatsächlich tumbe und unkultivierte Männer oder waren sie vielmehr ganz normale Menschen, denen aufgrund des Standes in den sie hineingeboren wurden, gar nichts anderes übrig blieb, als Scharfrichter zu werden?

Der Heidelberger Scharfrichter Franz Wilhelm Widmann bei der Ausübung seines Amtes, kolorierter Kupferstich 1820