Der Frauenversteher und das Bayreuther Bier

November 28th, 2025

aus der Südthüringer Zeitung, Bilder und Text von Annett Recknagel

Zu ihrem zweiten literarischen Salon hatte die Dichterin Arnoldine Wolf den als „Verlobungsweltmeister“ bekannten Autor Jean Paul eingeladen. Leider war er verhindert und schickte seine Ehefrau Karoline Mayer.

Beim literarischen Salon auf der Todenwarth spielte Bertl Werner die Frau von Jean Paul, Karoline Mayer, Gudrun Hammel stellte die Schmalkalderin Arnoldine Wolf dar und Susanne Ehrhardt deren Tochter Marie Henriette (von links). Foto: Annett Recknagel
Jean Paul und das Bier: Foto: Annett Recknagel

Fambach/Todenwarth Welch ein Trauma für Karoline Mayer! In Heidelberg sollte ihrem Mann, dem berühmten Dichter Jean Paul, die Ehrendoktorwürde verliehen werden. An sich etwas ganz Besonderes. Weitaus unerfreulicher für seine Ehefrau war die Tatsache, dass er dort Sophie Paulus kennenlernte. Sie war 28 Jahre jünger als Jean Paul und himmelte ihn an. Jean Paul himmelte zurück. Und küsste sie. Doch noch mehr: Er besaß doch tatsächlich die Dreistigkeit, seiner Karoline davon in einem Brief zu schreiben. Mit dem Zusatz: „Ich fühle weiter die eheliche Liebe!“ 

Er war eben ein Filou und ein Dichter. Beide Seiten lernten die Besucher des zweiten literarischen Salon kennen. Arnoldine Wolf, die einst in der Todenwarthschen Kemenate in Schmalkalden ihre Salons veranstaltete, traf 1801 bei einer Mittagsgesellschaft in Kassel erstmals auf Jean Paul. „Madame, ich habe zuweilen einen prophetischen Sinn. Sind Sie Dichterin?“, hatte er sie gefragt. Es war ein Treffer. 

Arnoldine Wolf war sofort die Röte ins Gesicht gestiegen. Ja – Jean Paul konnte die Damen verlegen machen. „Natürlich war auch ich in ihn verliebt“, bekannte Marie Henriette, Arnoldines Tochter. Beide Damen hätten auf Schloss Todenwarth, wo der Salon diesmal stattfand, zu gern neben dem Dichter gesessen. Der aber war leider nicht abkömmlich und schickte seine Frau Karoline Mayer. 

Stadtführerin Bertl Werner war in Mayers Rolle geschlüpft. Auch sie hat ein Faible für den bekannten Dichter, der sich mit seinen Werken zwischen Klassik und Romantik einordnen lässt und die Frauen geliebt hat. Arnoldine Wolf wurde von Gudrun Hammel gespielt und Susanne Ehrhardt gab deren Tochter Marie Henriette. 

Der Verein für Hessische Geschichte und Landeskunde hatte den Salon möglich gemacht. Das Trio hatte recherchiert und brachte dem Publikum den Dichter als Mensch und Autor nahe. Einfühlsam, empathisch lesen sich seine Zeilen. Erziehungsratgeber, Romane, philosophische Abhandlungen hat er ausreichend verfasst. Zudem beschäftigte er sich mit der deutschen Grammatik, Doppelwörter ließen ihm keine Ruhe. Unzählige Wortschöpfungen gehen auf ihn zurück. 

Dazu schrieb er jede Menge Briefe. Natürlich an Frauen. Oft korrespondierte er gleich mit mehreren Damen am Tag. Die Frauenherzen flogen ihm zu. Vermutlich habe das daran gelegen, dass er sich ob seiner Empathie so gut in die weibliche Psyche hinein versetzen konnte. Schon in seiner Jugendzeit las Jean Paul alles, was ihm in die Finger geriet. Die Quintessenzen notierte er. So kamen 40.000 Seiten zusammen. Und daraus zog er auch Ideen für seine Romane. Das Publikum hörte von „Titan“, „Abelard und Heloise“ und lernte „Die unsichtbare Loge“ kennen. Auch „Die wunderbare Gesellschaft in der Neujahrsnacht“ kam zur Sprache, ebenso das Heftchen „Über das Immergrün unserer Gefühle“. 

Und er hatte große Gefühle – zu ziemlich vielen Frauen. Meist waren es adlige Damen. Er selbst stammte aus ärmlichen Verhältnissen. „Er war eben ein Frauenversteher“, ließ Bertl Werner die Karoline Mayer sagen. Und weiter: „Man bildet sich ja ein, man ist die einzige.“ Fehlanzeige. Charlotte von Kalb hätte ihn schon gern für sich gehabt. Aber: „Sie ist ein Weib wie keines – mit einem Felsen Ich“, schrieb er aus Weimar an einen seiner Freunde. Nach dem zweiten Besuch allerdings wurde es ihm zu gefährlich. „Ich habe alles sanft wieder aufgelöst.“ 

Das, so Karoline Mayer, sei seine Spezialität gewesen. Schließlich ist Jean Paul als Verlobungsweltmeister bekannt. Fünf Mal war er verlobt, bevor er Karoline Mayer zur Ehefrau nahm. Karoline von Feuchtersleben erging es nicht besser als Emilie von Berlepsch. Beide Damen passten nicht zu Jean Pauls Träumen. Auch Renate Wirth war in ihn verliebt, er aber nicht in sie. Von Karoline von Flotow dagegen schwärmte er, sie aber nicht von ihm. Mit Juliane von Krüdener traf er sich, als er bereits verheiratet war. „Sie kam wie ein Traum, sie floh wie ein Traum – ich lebe noch immer in einem Traum“, schrieb er später. Gefährlich für seine Ehefrau sei auch Henriette von Schlabrendorff gewesen. 

Ein sehr enges Verhältnis hatte Jean Paul zu Anna Dorothea Rollwenzel – das war die Wirtin der Rollwenzelei in Bayreuth. Dort mietete Jean Paul ein Zimmer, um ungestört arbeiten zu können. Die Wirtin habe ihn bekocht und immer mit guten Bayreuther Bier versorgt. Jean Paul trank Bier vor, während und nach dem Dichten. Er liebte bitteres, braunes Bier. Und egal, wo er wohnte, einer seiner Freunde schickte ihm sein geliebtes Bayreuther Bier an alle Adressen fassweise nach. Ach ja – ohne seinen Hund verließ der Dichter das Haus nie. Und für seinen Wetterfrosch legte er eigens eine Fliegenzüchtung an. Jean Paulsche Aphorismen und Redewendungen garnierten den Salonabend. Das Publikum war entzückt, ließ sich Tee schmecken. Wer wollte, konnte sogar Bier aus Bayreuth probieren. 

Freitag, 27. Juni 19.00 Uhr auf Todenwarth: Peter Feix liest aus seinem kürzlich erschienenen Roman „Hannas Karussell“.

Juni 26th, 2025

In seinem Arbeitsleben ist der Meininger Peter Feix in der Welt zu Hause gewesen, seit 2015 im Ruhestand wieder Meininger. Bekannt als Fotograf, schrieb er auch hunderte Gedichte, viele davon in zwei Lyrik-Bänden veröffentlicht, mit Illustrationen von Dietrich Ziebarth und Maria Hermann (Wittenberg). Außerdem ein halbes Dutzend Photo–Lyrikbände, ein Märchenbuch….

Foto: Sigrid Nordmeyer, STZ 3. Juni 2025

Mit seinem zweiten Roman „Hannas Karussell“ hat sich Peter Feix nach schwerwiegender Erkrankung wieder ins Leben geschrieben. Hier ein paar Zeilen vom Autor zum Inhalt:

Die Geschichte spielt einige Jahre nach dem Krieg in Westdeutschland. Hanna, die nach einem schweren Unfall ihres Vaters den Karussellbetrieb übernimmt, sieht sich zunehmenden Druck ausgesetzt. Da ist zum einen der Vater, der, anstatt sich zurückzuziehen, weiter Entscheidungen treffen möchte und zum anderen die im Raum stehende Frage, ob sich Hanna für immer an das Karussell bindet oder bereit ist, ein gänzlich anderes  Leben zu führen. Die Geschichte beschreibt das Schaustellerleben und Hannas Mut und Stärke, nach einem Schicksalsschlag die richtige Entscheidung zu treffen.

Ihre erste Liebe hilft ihr auf der Suche nach Selbstbestimmung.

Der Verein für hessische Geschichte und Landeskunde feierte bei Kaffee und Kuchen sein nunmehr schon 17. Frühlingsfest. Für Unterhaltung sorgten die Famberg-Musikanten.   

Juni 14th, 2025

Aus der STZ, Lokales von Annett Recknagel

Florierender Buchverkauf sorgt für frohe Gesichter

Landrätin Peggy Greiser nahm ein Exemplar des vierten Bandes der Ortsbeschreibungen in Empfang – auch Michael Scholz, der zur Präsentation im Urlaub war, holte sich eins. Links im Bild Erika Heilgeist. Foto: Annett Recknagel

Der Verein für hessische Geschichte und Landeskunde feierte bei Kaffee und Kuchen sein nunmehr schon 17. Frühlingsfest. Für Unterhaltung sorgten die Famberg-Musikanten.

Todenwarth „Wir hatten selten so schönes Wetter“, meinte Jochen Halbig und erinnerte sich an verregnete und kalte Frühlingsfeste auf Schloss Todenwarth. Dort wohnt der Vorsitzende des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde und dort finden sich seit 2009 die Vereinsmitglieder zu Frühlingsfesten zusammen. Nur zweimal mussten sie bislang ausfallen. In diesem Jahr genoss man die blühende Pracht in Halbigs großem Garten. Etliche Aufnahmen der Rhododendren, die gerade in der vollen Blüte stehen, wurden mit Smartphones eingefangen. 

Susanne Ehrhardt hatte alle Hände voll zu tun. Sie kümmerte sich gemeinsam mit Erika Heilgeist um das Kaffeegeschäft. Übrigens hat der Verein seit geraumer Zeit mit Jochen Halbig und Susanne Ehrhardt eine Doppelspitze. Zum Frühlingsfest bringt sich auch der Freundeskreis von Schloss Todenwarth Jahr für Jahr mit ein. Am späten Nachmittag sorgten die Famberg-Musikanten für Unterhaltung und gute Laune. 

Der in der vorigen Woche an Ort und Stelle präsentierte vierte Band der Ortsbeschreibungen der Herrschaft Schmalkalden im 18. und 19. Jahrhundert war natürlich Gesprächsthema. Innerhalb der einen Woche hatte sich das Buch recht gut verkauft. Landrätin Peggy Greiser, die immer gerne zum Frühlingsfest kommt, sicherte sich sofort eine Ausgabe. Dass die Reihe so erfolgreich werden würde, hatte man nicht vermutet. Allein das brachte nicht nur den Vereinsvorstand zum Strahlen. Außer Jochen Halbig, Susanne Ehrhardt und Erika Heilgeist arbeitet Katarina Mark als Schatzwartin im Vorstand. Zudem gehören mit Karl Hauck, Klaus Holland-Letz, Gudrun Hammel, Gerhard Raßbach, Sascha Bühner und Martin Hildenbrandt gleich sechs Beisitzer dazu. Jochen Halbig überreichte Erika Heilgeist nachträglich für ihre Bemühungen um den vierten Band der Ortsbeschreibungen einen Blumengruß. 

Zu haben waren auch andere Veröffentlichungen des hessischen Geschichtsvereins. Halbig wies auf Paul Köhlers Chronik „Aus Wernshausens vergangenen Tagen“ hin, die er herausgegeben hatte. Die Gäste interessierte auch, was der hessische Geschichtsverein als nächstes Vorhaben plant. Erika Heilgeist schmunzelte, Michael Scholz ebenso. Eine Idee haben beide schon, verraten aber wollten sie sie noch nicht.

Vorläufer des Frühlingsfestes war übrigens ein gemütlicher Nachmittag der CDU im Garten von Schloss Todenwarth 2008. Damals sei es noch darum gegangen, die Kammgarnspinnerei zu erhalten, war von Jochen Halbig zu erfahren. Ein Jahr später gab es das erste Frühlingsfest, um eine breitere Öffentlichkeit anzusprechen. 2020 wurde es wegen Corona als Sommerfest gefeiert.

Aus Wernshausens vergangenen Tagen – Presentation der Chronik von Pfarrer Paul Köhler

Dezember 9th, 2024

Kunst und Garten im Einklang

Juni 17th, 2024

Die Bilder von Katharina Danz sind während Veranstaltungen zum Beispiel zum Konzert im Rahmen des Thüringer Orgelsommers am 30. Juni um 17 Uhr und zum Tag des offenen Denkmals Sonntag den 8.9.2024 zu besichtigen.

Komische Vögel

Juni 21st, 2023

In die Zeitungsröhre am Gartenzaun von Malerin Marlene Magnus verirrt sich (fast) jede Woche die Wochenpost, angefüllt mit bunten Werbeprospekten aller Anbieter, die glauben die billigsten, die Besten und Cleversten zu sein. Was macht man mit diesem Kulturmüll? Die Künstlerin hatte eine Idee, umsetzbar ohne großen Aufwand, humorvolle kreative Tätigkeit bei abendlichem Genießen von Radiokonzerten und Hörspielen. So entstanden seit etwa einem Dutzend Jahren hunderte KOMISCHE VÖGEL und anderes Getier. Aus Modewerbung wurden Vögel der „Modeserie Marlene Magnus*, technische und architektonische Motive sind in anderen Vogelgewändern zu entdecken, auch Obst und Gemüse – alles, was das kommerzielle Zubrot des Wochenspiegel so hergibt. Es ist Kunst – „Kleinkunst“, die Spaß macht beim schneiden, rupfen und kleben, und hoffentlich nicht nur uns beim anschauen. JH

Auf Schloss Todenwarth – Pressebericht aus Giessen

Mai 9th, 2023

Vortrag über das Leben und Wirken von Katasterrat Max Halbig

April 26th, 2023

Südthüringer Zeitung, 23.4.2023

Presse zum Frühlingsfest 2022

Mai 16th, 2022

aus der Südthüringer Zeitung

Vom Wunschballon und der Posaune im Schneewittchensarg

Oktober 4th, 2020

Ralph Schüller und seine Band waren im Garten von Schloss Todenwarth zu Gast. Das Konzert war gut besucht.

Ralph Schüller gastierte mit Band im Garten von Schloss Todenwarth, die Musiker kamen sehr gut an. Fotos (2): Annett Recknagel

Todenwarth/Fambach – „Wenn ein Wunschballon, 300 Meter über uns in einer langen Nacht wunderbar verbrennt“ – wer wollte, konnte diesen Song, der einfach nur zum Träumen einlädt, am Samstag gleich zweimal hören. Ralph Schüller und Band interpretierten ihn zur Ausstellungseröffnung von „überland“ in Schmalkalden und am Abend noch einmal, zum Konzert auf der Todenwarth. Beide Male ohne Regen und beide Male mit viel Empathie. Das Publikum honorierte das.

Am Abend war es recht frisch, doch die Gäste hatten sich darauf eingestellt. Außerdem lagen Schirme bereit.„Sicherheitshalber und außerdem regnet es dann meistens nicht“, bemerkte Michael Sommer. Die Veranstaltung war vom Kunstverein „Kunst heute“ organisiert worden. Mit dem Garten von Schloss Todenwarth hatte man für den Abend ein passendes Ambiente gefunden. Schlossherr Jochen Halbig freute sich über die Gäste, die sich, wie bei den vorigen Konzerten und Lesungen auch, an die in Corona-Zeiten vorgeschriebenen Hygienemaßnahmen hielten.

Die Band ihrerseits befolgte das auch. Trompeter Anton Sterz spielte hinter einer Plastikwand. „Der Schneewittchensarg“, frotzelte Ralph Schüller und schon war für gute Laune gesorgt. Ohnehin verstand es der gebürtige Suhler, das Publikum mit Worten und Liedern anzusprechen. Wobei man die Texte schon verfolgen musste. Das aber tat richtig gut. Wirkten sie doch beinahe wie innere Dialoge mit sich selbst. „Hält der Wind, was er verspricht? – Hält er nicht“ ist ein Beispiel. Oder die Zeile: „Wer die Blume nicht ehrt, ist die Vase nicht wert und den ganzen Duft“.

Es sind die kleinen, beinahe unscheinbaren Dinge, über die Schüller singt. In einem Lied fragt er: „Wo ist die Ruhe? Ich kann nicht schlafen.“ Man braucht nicht lange zuzuhören, um zu bemerken, da steht jemand hinterm Mikrofon, der sich umschaut, der das Leben kennt und Dinge benennt, die andere möglicherweise übersehen. Dazu die Musik. Sie geht ins Ohr. Etliche bewegen ihren Füße und wippen im Takt mit. Kalt kann es dabei nicht werden.

Mittlerweile denkt Ralph Schüller übers Trödeln nach. Selbstverständlich trödelt er bei dem Song auch. „Die Brote geschmiert, gebunden die Schuhe, wir sind spät dran und wir müssen los“ – derartige Situationen kennt ein jeder im Publikum. Dann die Frage: „Warum mein Herz, warum trödel ich bloß?“ Das Schöne an den Songs der Band ist die direkte Vorstellungskraft. Jedes Lied wird plastisch, eben, weil der Sänger so gut beschreibt. Aber nicht in ausufernden Texten, sondern kurz und knapp. Zwischendurch gibt es Erinnerungen an die DDR-Zeit. Schüller ist Jahrgang 1967 und kennt die Zeit, als in den Hinterhöfen die Wäsche hängt und die stinkenden Zigaretten, die sich Karo nannten, 1,60 DDR-Mark kosteten. Dass man im Dorf immer schön „Guten Tag“ sagen musste, weiß er auch – „sonst setzte es Ohrfeigen vom Vater“.

Der Abend verläuft harmonisch, bisweilen melancholisch, natürlich fröhlich und auch sehr musikalisch. Zu Schüllers Band gehört auch Frank Oberhof. In der Region ist er bekannt als Organisator der „Liedertour“, bei Schüller spielt er Akkordeon. Es macht Spaß, der Band zuzuhören. Zwischendurch lässt sich in den Abendstunden sogar die Sonne blicken. Dann die musikalische Frage: „Hast du mich, habe ich dich heute schon vermisst?“

Das Publikum hätte es sicherlich getan, wenn die Band nicht aufgetreten wäre. „Schön, dass ihr da wart“, meinte Katrin Sommer vom Kunstverein und freut sich schon jetzt auf ein Wiedersehen.