Sechs Sandsteinblöcke in Skulpturen verwandelt

September 2nd, 2019

Finn, der Hund von der Todenwarth, ist in Stein gemeißelt. Das Tier findet sich in einer von sechs Skulpturen, die während des 4. Breitunger Steinbildhauer-Symposiums entstanden sind.

Monika Ritter hat „Zwillinge mit Hund“ geschaffen. Fotos (7) Wolfgang Benkert: fotoart-af.de

Breitungen – „Zwillinge und Hund Finn“ nannte Monika Ritter ihre Arbeit, die während des Steinbildhauer-Symposiums im Schlossgarten in Breitungen entstanden ist. Als das Symposium nach knapp zwei Wochen zu Ende ging, hätte sie gerne noch weitergemacht. „Schade, dass nicht noch mehr Zeit war“, sagte sie, als die Künstler zum Abschluss ihre Werke in lockerer Runde vorstellten. Unter den Zuhörern waren Breitungens Bürgermeister Ronny Römhild und Fabian Amborn vom Bauamt, der in der Verwaltung für das Symposium zuständig war; Familie Halbig von Schloss Todenwarth, wo zwischen 2003 und 2008 die ersten drei Symposien stattfanden, und Vertreter der Meininger Freimaurer-Loge „Georg Liberalitas“. Die Freimaurer unterstützen das Symposium und möchten eines der sechs Werke in Meiningen aufstellen.

Finn, der Todenwarth’sche Hund, war im Schlossgarten nicht dabei. In Monika Ritters Skulptur ist er länger ausgefallen als im Original, aber ebenso freundlich. Er schmiegt sich an die Zwillinge, als wär‘s der Drilling. Eine Arbeit, die Positives ausstrahlen soll. „Es gibt nicht nur Negatives“, sagt Monika Ritter. Die Künstlerin hat in den 80er-Jahren die Holzbildhauer-Schule in Bischofsheim in der Rhön besucht, heute lebt sie in Kalchreuth bei Nürnberg. Beim Symposium war sie zum ersten Mal dabei.

 

Tobias Golde und die „Knieende“. Foto: Wolfgang Benkert

Auch Tobias Golde aus Leipzig ist neu in der Runde. Auch er hat einst Holzbildhauer gelernt und später Bildhauerei studiert. Nach Breitungen ist er mit einem Modell gereist, das er „am ersten Tag weggelegt“ hat, wie er erzählte. Was er aus seinem Sandsteinblock herausgeholt hat, ist kompakter geworden. Ein Unterkörper mit dem Ansatz der Beine, ein Oberkörper, der verwachsen erscheint. Eine Metamorphose, erklärt Golde. Ihn interessiere das nicht Sichtbare, die Frage, was passiert weiter. „Knieende“ wäre seiner Absicht nach ein passabler Titel für sein Werk.

 

 

 

Bei der Skulptur von Lasse Schulz-Berke dachte mancher Betrachter an Eisberge und die Titanic. Foto: Wolfgang Benkert

 

 

 

Ohne Titel ist das Werk von Lasse Schulz-Berke aus Kaiserslautern geblieben. Die Pyramiden-Form, meint er, sei durch den Stein vorgegeben gewesen. Der Bildhauer kommt aus der Architektur, aus seinem Stein wächst ein flacher Quader, dessen Seiten verdreht sind. „Die Form wächst aus dem Rohling.“ Andere hätten sein Werk mit einem Eisberg assoziiert, und zur Titanic weitergedacht. Weil er Steinmetz ist, hat Lasse Schulz-Berke die Oberflächen klassisch bearbeitet.

 

 

 

 

 

 

 

Tobias Rempp nennt sein Werk „Hals über Kopf“. Foto: Wolfgang Benkert

 

 

 

 

Tobias Rempp aus Nürnberg ist zum vierten Mal in Breitungen und „wieder mal nicht fertig geworden“. „Hals über Kopf“ nennt er sein Werk, den Rest „kann man sich überlegen“, meinte Rempp bei der Vorstellung. Er habe viele Figuren gemacht, die man erkennen kann und sei nun „etwas weg davon“. Steine brächten viel mit. Die Grundform sei schon da, er habe „versucht, was drauszumachen“.

 

 

 

 

Der „Breitunger Torso“ von Sebastian Paul. Foto: Wolfgang Benkert

 

 

 

 

Neben Rempp bearbeitete Sebastian Paul seinen Stein, auch er ist ein Symposiums-Teilnehmer der ersten Stunde. Sie hätten viel über Architektur gesprochen, erzählt er, das habe sich in seiner Arbeit niedergeschlagen. Sie ist figürlich geworden, verbindet sich durch mehrere romanische Bögen aber mit der Architektur. Der Berliner nennt sie „Breitunger Torso“. Eindeutig eine Breitungerin, meinten seine Zuhörer im Schlossgarten.

 

 

 

 

 

 

 

Robert Rost mit seiner „Initiation“. Foto: Wolfgang Benkert

 

 

 

Der sechste Künstler ist in der Region der Bekannteste. Robert Rost betreibt den Steinbruch in Fambach, von dort stammen auch wieder die Sandsteinblöcke für das Symposium. Mehrere seiner Werke sind in der Region zu sehen, unter anderem die Sagenfigur des Leinewebers, der auf dem Breitunger Markt vor dem Glittstein steht. Für das Symposium hat er dieses Mal das Streben nach Verbesserung und Veränderung zum Thema gemacht. Seine Figur trägt die Hand auf dem Herzen, eine Geste, die die Arbeit an sich selbst demonstrieren soll. Figürlich, aber fragmentartig, kommentierte der Bildhauer. Die Rückseite der Skulptur ist Sonne und Mond gewidmet.

Rost’s Arbeit sprach die Vertreter der Meininger Freimaurer-Loge besonders an. Das Werk symbolisiere die drei Grade Lehrling, Geselle und Meister, meinte der „Meister des Stuhles“ – der Vorsitzende – Peter Henzel. Die Meininger Unterstützer wollten sich allerdings noch nicht auf ein Werk festlegen, sie wollten noch mit Meiningens Bürgermeister Fabian Giesder über einen geeigneten Stellplatz für eine Skulptur sprechen. Am liebsten sähen sie eine der Skulpturen „als kostenlose Leihgabe in einem der Meininger Parks“.

 

 

 

 

 

 

 

Die anderen Werke bleiben in Breitungen und werden voraussichtlich im neu angelegten „Garten der Kunst“, hinter dem Schloss, aufgestellt, wo schon die Werke des dritten Symposiums 2017 zu sehen sind.

Im „Garten der Kunst“, hinterm Breitunger Schloss, kann man Skulpturen der Symposien betrachten. Foto: Wolfgang Benkert

Der Klang der Hämmer lockte während der zwei Wochen immer wieder Neugierige in den Schlossgarten, die den Bildhauern zusahen und Fragen stellten. Dennoch hielt sich die Aufmerksamkeit in Grenzen. Die Bildhauer schätzen diese Mischung. Es ist angenehm hier, sagte etwa Tobias Golde und lobte, wie die anderen, die besondere Atmosphäre des Breitunger Burghügels.

Text: STZ 29.8.2019 Ulricke Bischoff

Der Klingelton von Nokia 310 im Todenwarth’schen Park

Juli 25th, 2019

Südthüringer Zeitung, Artikel von Annett Recknagel

Auf Schloss Todenwarth ging der 29. Thüringer Orgelsommer in seine nächste Runde. Hornist Stephan Katte aus Weimar und Tom Anschütz an der Open-Air-Orgel begeisterten das Publikum.

Stephan Katte spielte ein selbst gebautes Thüringerwald-horn, Foto Annett Recknagel

Todenwarth/Fambach 

 Trolle auf Schloss Todenwarth? Gehören diese Fabelwesen der nordischen Mythologie nicht nach Dänemark und Schweden? Während des Konzertes im Rahmen des 29. Thüringer Orgelsommers machten die kleinen Männchen Station im Thüringischen. Die mehr als 150 Zuhörer konnten sich die Trolle bei der entsprechenden Orgelmusik zumindest sehr gut vorstellen. „Da laufen sie“, flüsterte eine Zuhörerin in der zweiten Reihe und damit behielt Organist Tom Anschütz Recht. In zweierlei Hinsicht: Zum einen meinte er, die Klavierkomposition „Trolltog“ von Eduard Grieg höre sich auf der Orgel viel besser an. Zum anderen könnte das Publikum schon bei den ersten Klängen gedanklich Zwerge marschieren sehen. Der Heimatverbundenheit wegen hatte Anschütz aus den Trollen Zwerge gemacht – Grüße nach Trusetal.

Dass dieses und alle anderen Stücke, die der 25-Jährige auf der Open-Air-Orgel zum Erklingen brachte, beim Publikum Bilder hervorriefen, lag am perfekten Spiel des jungen Mannes aus Waltershausen. Dabei hatte er, wie er nach dem Konzert verriet, nicht einmal die richtigen Schuhe an. Trotzdem ließ er die Zwerge marschieren. In Griegs Stück gab es eine Stelle, an der ausschließlich Anschütz’ Füße agierten. Hochkonzentriert saß er an der Orgel, man spürte das Marschieren. Zwischendurch verschnauften die Männchen, um danach mit neuer Kraft wieder loszulegen. Was für die Zuhörer ein Genuss war, bedeutete für Tom Anschütz Arbeit. Seine Augen konzentrierten sich auf die Noten, die Hände huschten über die Tastatur und mit den Füßen spazierte Tom Anschütz über die hölzernen Pedale, als gäbe es nichts Selbstverständlicheres.

„Von Bach bis Bolero“ war das Freiluftkonzert überschrieben. Und Tom Anschütz musizierte nicht allein. Stephan Katte aus Weimar hatte Horn und Thüringerwald-Horn mitgebracht. Doch bevor das Musikerlebnis beginnen konnte, hieß es Stühle schleppen. Hausherrin Antje Halbig hatte nach 100 aufgestellten Sitzgelegenheiten im Garten die Übersicht verloren. Kustos Jörg Müller und Jochen Halbig transportierten fünf Minuten vor Konzertbeginn die guten Stühle aus dem Saal vor die Tür. Letztlich fand jeder einen Platz. Um die 150 Gäste mögen es gewesen sein. Halbig sprach von so vielen wie nie zuvor.

Foto Gerd R.

Zum vierten Mal hatte Familie Halbig zum Thüringer Orgelsommer in den Park von Schloss Todenwarth eingeladen. Unter dem Schutz der großen Linde war der Lkw mit der fest installierten, elektrisch gesteuerten Pfeifenorgel geparkt. Allein das war eine Augenweide. Bedient wurden am Ende alle Sinne. Die Stadt Leipzig war der rote Faden des Konzertes. Komponisten oder Werke standen in Zusammenhang mit der sächsischen Stadt. Was mit Händels Wassermusik begann, war eine Klangreise. Orgel und Thüringer Waldhorn harmonierten ebenso wie Horn und Orgel. Die Musiker hatten Stücke ausgewählt, die in die Natur passten und bei denen sich ein Wohlgefühl einstellte. Andächtig wurde es bei einem Gebet, das von den Musikern feinfühlig beinahe dahingehaucht wurde. Mit einem „Bolero“ ging es fröhlich weiter. Tom Anschütz brachte die Orgel in ihrer vollen Schönheit zum Erklingen. Mal laut und aufbrausend, mal leise und sanftmütig – es war eine Wohltat, dem jungen Mann zuzuhören und zuzusehen. 

Auch den Pilgerchor aus dem „Tannhäuser“ von Richard Wagner brachte Anschütz zu Gehör. Mit seinem Kollegen, Stephan Katte, harmonierte er blind.

Sehr schön auch eine Pastorale für Horn und Orgel des schwedischen Komponisten August Körling. In John Arthur Meales Stück „Final alla Minuet“ war eine sehr bekannte Melodie herauszuhören. Anschütz spielte sie kurz an. Schulterzucken und Kopfschütteln im Publikum. „Die Auflösung gibt es nach dem Stück“, sagte Anschütz und legte los. Wieder nahm er das Publikum mit, gefiel durch ein perfektes Spiel, fast vergaß man das Rätsel.

Foto privat

Die Melodie war ein Klingelton. Er gehörte zu dem veralteten Handy Nokia 310. Dieser Fakt entschuldigte das kurz auflachende Publikum natürlich. Ohne Zugabe kamen die beiden Musiker nicht davon. Und danach gab es noch einmal einen riesigen Applaus. Wer wollte, konnte sich die fahrbare Orgel nach dem Konzert aus nächster Nähe anschauen.

Presse zum Frühlingsfest

Mai 14th, 2019

Schmalkalden

Von draußen nach drinnen

Improvisieren musste man zum Frühlingsfest des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde. Landrätin Peggy Greiser ließ sich bei ihrer Stippvisite Schloss Todenwarth zeigen.

Trotz Kälte nahm Hausherr Jochen Halbig (rechts), Landrätin Peggy Greiser mit auf eine kurze Stippvisite durch den Garten – Fambachs Bürgermeister Ralf-Peter Schmidt (zweiter von rechts) und Kai Lehmann.

Fambach/Todenwarth– Plan B musste greifen: Gemütlich im Garten zu sitzen, die Blütenpracht bei Kaffee und Kuchen zu genießen – das war zum diesjährigen Frühlingsfest des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde auf Schloss Todenwarth leider nicht möglich. Bei einstelligen Temperaturen war es schlichtweg zu kalt. Landrätin Peggy Greiser hätte sich bei ihrem ersten Besuch auf Schloss Todenwarth auch besseres Wetter gewünscht. Doch bekanntlich lässt sich das nun mal nicht ändern.

Plan B also. „Von draußen nach drinnen“, lautete der in Kurzform. Platz gibt es im Schloss ausreichend, allerdings wurde es im beheizbaren Saal dann doch etwas eng. Und dabei waren diesmal gar nicht so viele Gäste zum Fest erschienen. „Vor zehn Jahren waren wir auch drinnen“, erinnerte sich Hausherr Jochen Halbig an die Anfänge der Veranstaltung. Und was stand damals im Plan? „Ein Vortrag von Kai Lehmann“, wusste Halbig noch genau. Der Angesprochene aber erinnerte sich leider nicht mehr an das damalige Thema. „Es war auf jeden Fall nichts Großartiges“, meinte er salopp.

Jochen Halbig erläuterte der Landrätin derweil die Geschichte seiner Familie. Vorläufer des Frühlingsfestes war ein gemütlicher Nachmittag der CDU im Garten der Todenwarth 2008. „Damals ging es noch darum, die Kammgarnspinnerei zu erhalten“, erinnerte sich Halbig. Ein Jahr später gab es dann das erste Frühlingsfest, um eine breitere Öffentlichkeit anzusprechen. Das etablierte sich – nur zwei Mal fiel das Fest bislang aus. Verbunden war es immer entweder mit einem musikalischen Erlebnis oder einem Vortrag. Es kam auch vor, dass beides miteinander gekoppelt war und musikalische Lesungen stattfanden. In den letzten fünf Jahren gab es nach der gemütlichen Kaffeerunde immer Konzerte. Das lag an Frank Oberhof, dem Mann vom Kulturverein Liedertour aus Leipzig. Er holt seit beinahe drei Jahrzehnten übers Jahr namhafte Künstler in die hiesige Region. Zu einem solchen Konzert lernten sich Jochen Halbig und Frank Oberhof im Breitunger Schloss kennen. Man unterhielt sich und irgendwann wurde die Idee geboren, auf Schloss Todenwarth den einen oder anderen Konzertnachmittag anzubieten. Das Frühlingsfest war der Anlass.

Saxofonist Joe Kucera, der kürzlich zu einem Dienstagskonzert in Breitungen gemeinsam mit John Vaughan zu hören war, spielte auf der Todenwarth das erste Konzert. Man strebte englisch- und deutschsprachige Musik im Wechsel an. „Die Konzerte wurden gut angenommen“, bilanzierte Jochen Halbig und bislang hatte es immer mit dem Wetter geklappt. Nach der Kälte vom Samstag überlegt man jetzt, das Datum des Frühlingsfestes zu ändern. Oder aber das Konzert an einem anderen Tag als Extraveranstaltung zu planen.

Eine halbe Stunde vor Konzertbeginn mussten die Gäste den Saal räumen – der Aufbau der Technik begann. Ralph Schüller und Band waren angesagt. Die Gäste schauten sich das Schloss an oder verlustierten sich im Garten. Landrätin Peggy Greiser war begeistert und schwärmte von dem schönen Fleckchen Erde. „Die Halbigs haben schon sehr viel erreicht“, meinte Kai Lehmann und war sich sicher, dass das alles ausschließlich mit positivem Fanatismus machbar sei. Halbig führte die Landrätin zu den beiden aus der Totenhofkirche in Schmalkalden stammenden Epitaphien und erzählte von deren Geschichte.

Der Verein für hessische Geschichte und Landeskunde ist übers Jahr recht aktiv. Mindestens einmal pro Monat organisiert man einen Vortrag. Auch Exkursionen werden angeboten. Zudem sind Artikel von Mitgliedern in den Schmalkaldischen Geschichtsblättern zu finden, die der Verein gemeinsam mit Partnern jährlich herausgibt.

Autor: Annett Recknagel

Stiftung Todenwarth spendet für »WiKi«-Mobil

Juni 29th, 2018

Gestern wie heute – Lieder & Lyrik

September 5th, 2017

Beitrag von Ulricke Bischoff in der Südthüringer Zeitung, 22.4.2017

April 29th, 2017

Schmalkalden

„Es musste die Todenwarth sein“

Kaum hatte Jochen Halbig die Todenwarth gesehen, war es um ihn geschehen. Die Gene begannen zu spinnen. Mittlerweile ist er mit seiner Frau Antje seit 20 Jahren Eigentümer, Sanierer und Bewohner des Schlösschens oberhalb der Zwick.

Seit 2012 leben Antje und Jochen Halbig durchgehend auf der Todenwarth. Sie laden regelmäßig zu Konzerten und Lesungen ein, etwa am 6. Mai wieder zum Frühlingsfest des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde. Auch zum T
ag des offenen Denkmals öffnen sie die Türen der Warthe. Am Haus steht die Jahreszahl 1768. In seiner jetzigen Form dürfte es somit 249 Jahre alt sein, der Kern ist wesentlich älter.

Fambach/Todenwarth – Es ist das Mädchen im blauen Kleid. Rechts neben ihren Eltern stehend, schaut es auf dem etwa 150 Jahre alten Familienportrait als eines von vier Kindern dem Maler in die Augen. Camilla Wolff von Todenwarth, geboren 1847, sollte später dafür sorgen, dass sich die Todenwarth’sche Linie mit denen der Halbigs kreuzte. Das Mädchen von der Warthe heiratete den Bad Salzunger Max Halbig und zog zu ihm. Das Familienanwesen oberhalb der Zwick mit dem barocken Schlösschen übernahm ihre jüngste Schwester, Olga Freifrau Wolff von Todenwarth. Sie ließ aus der einstigen Kemenate nebenan, die zwischendurch 300 Jahre lang als Scheune diente, ein zweites Herrenhaus bauen. Die Leute nannten es „Scheunenschloss“.

Etwa 80 Jahre später schlich sich der Zahnarzt Jochen Halbig erstmals auf das Gelände. Er hatte von der Todenwarth als einstigem Familienbesitz gehört, sie aber noch nie gesehen. Das alte Schlösschen war heruntergekommen, der Balkon abgetragen. Wechselnde Besitzer hatten ihre Spuren hinterlassen. Jochen Halbig verschwand im leer stehenden Haus, seine Frau Antje, Tochter Josefine und Sohn Moritz warteten draußen. Die Kinder gruselten sich.

Als sie im Herbst darauf Urlaub in Oberschönau machten, wollte Jochen Halbig wieder nach Fambach. Er habe sich auf der Warthe sofort zu Hause gefühlt, beschreibt der heute 77-Jährige eine Faszination, die „man eigentlich nicht erklären kann“. Es seien wohl die Gene gewesen, die ihn zur Warthe zogen, „sie haben gesponnen“.

Zunächst sollten jedoch politische Umbrüche den Lebensweg der Halbigs mitbestimmen. Kurz vor dem Fall der Mauer gab die DDR-Führung dem Ausreiseantrag der Familie nach, sie zog im Oktober 1989 von Halle nach Nürnberg. Einige historische Unterlagen über die Todenwarth hatte der Vater in Büchern versteckt. In Nürnberg eröffnete er eine Zahnarztpraxis, Kinderchirurgin Antje arbeitete in der Forschung. Sie richteten sich eine Mietwohnung ein.
1996 erfuhren Antje und Jochen Halbig, dass die Todenwarth seit drei Jahren zum Verkauf steht. Schon vorher war der Wille von Jochen Halbig, „etwas Altes zu haben“, stärker geworden. Die Familie schaute sich auch das Schloss in Roßdorf/Rhön an, doch es sollte nicht irgendein Haus sein. „Es musste die Todenwarth sein.“ Der Eigentümer wollte 650 000 Mark für das barocke Schlösschen. Sie konnten ihn auf eine halbe Million herunterhandeln. Im Herbst unterschrieben sie, im April 1997 standen Halbigs im Grundbuch. „Von da an gab es keinen Urlaub mehr.“

Er war entschlossen. Sie innerlich eher schwankend. Ihr gefiel es in Nürnberg, sie mag die Großstadt – doch der gemeinsame Weg führte nach Fambach. Jahrelang verbrachten sie bald jedes Wochenende, die Brückentage, die Urlaubszeit auf der Todenwarth. Den Garten dominierten anfangs Brennnesseln und Giersch, ein Neffe nannte das Haus „Ruine“. Wasser kam zunächst nur aus einem Kellerschlauch, die Toilette stand draußen, ausgekehlte Treppenstufen verlangten Balancier-Künste. Decken kamen zum Teil herunter, die Tochter mochte die vielen Spinnen nicht. Es dauerte Monate, bis sie zum ersten Mal im Schloss übernachten konnten. Halbigs sahen die positiven Seiten. Sie hatten keinen Schwamm im Mauerwerk, keine Nässe im Haus und es war nicht einsturzgefährdet.

Den 60. Geburtstag von Jochen Halbig im Oktober 1999 feierten sie im Saal im Erdgeschoss, „es war aber immer noch eine Baustelle“. Die Gäste quartierten sich lieber in umliegenden Gasthöfen ein.

„Irgendwie wird es schon gehen“ war ein Satz, der die Familie begleitete. Finanziell half Antjes Vater, bei den Bauarbeiten war Steinmetz Joachim Fuckel aus Breitungen ein wichtiger Partner und „idealer Fachmann“, der über Jahre hinweg präsent war. Auch Halbigs selbst packten an. Sie schliffen Bodendielen ab und ersetzten Geländer, bearbeiteten und montierten Schlösser. Sie sammelten Material aus anderen alten Häusern. Gebrauchte fränkische Ziegel und mancher Sandstein kamen im Kofferraum auf die Todenwarth. Puzzleteile, die ihre eigene Geschichte mitbrachten. Fast an jeder Tür gibt es eine zu erzählen.

In der Küche im Erdgeschoss liegen noch „die Fliesen von Olga“. Im Hausflur mussten die Spuren der Freifrau weichen. Der Hausherr fand darunter, durch eine Kieselschicht geschützt, mittelalterliche Sandsteinquader. „Da sind schon die Kroaten drauf gelaufen“, sagt er, ein bisschen verschmitzt, und doch ganz ernst. Was sind dagegen schon hausfrauenfreundliche Fliesen?

Zwei Gewölbekeller liegen unter dem Schloss, der ältere dürfte gut 750 Jahre auf dem Buckel haben, schätzt Jochen Halbig. Blindfenster, auf die Fassade gemalt, erinnern an das Verlangen des Barock nach Symmetrie. 42 echte Fenster sind es heute, sie erhellen die 200 Quadratmeter pro Etage und wollten vor Ostern geputzt sein.

Viel Zeit, Energie und Geld stecken Antje und Jochen Halbig in die selbst gewählte Aufgabe Todenwarth. „Wir fliegen eben nicht in die Karibik“, sagt Jochen Halbig. Er selbst müsse nicht reisen. „Ich reise in die Geschichte.“ Das betrifft nicht nur die der Wölffe von und zur Todenwarth, deren privates Familienarchiv, einschließlich eines Tafelklaviers, in der Warthe beheimatet ist. Halbigs Geschichtsreisen führen ihn auch in die beiden Schmalkalder Geschichtsvereine, sein Interesse an historischen Bauten in den Denkmalbeirat. Den Abriss der Kammgarnspinnerei an der Zwick mit Sprengung des Behlert- Baus im Jahr 2009, von Jochen Halbig massiv bekämpft, hat er nie verwunden.

„Nicht jetzt“, empfiehlt Antje Halbig lächelnd, als ihr Mann das Kammgarn-Drama zum Thema machen möchte. Ein Rundgang durch das Haus führt stattdessen auch zu jenem Familienportrait mit dem Mädchen im blauen Kleid. Irgendwie muss diese Camilla Wolff von Todenwarth so etwas wie Heimatliebe vererbt haben. Bei Jochen Halbig kam sie an. „Ich bin hier zu Hause“, sagt er, und hofft, dies noch lange genießen zu können. Dann möchte er „hier sterben und begraben sein“.

Eberhard Wolff von Todenwarth – ein facettenreicher Zeitgenosse

Oktober 13th, 2015

Presse zum Vortrag am 30. September 2015 auf Todenwarth (veröffentlicht am 9.10. in der STZ – Text und Foto Robert Eberhardt):

Vor drei Dutzend Zuhörern referierte Dr. Kai Lehmann am Mittwochabend anlässlich des 500. Geburtstags von Eberhard Wolff von Todenwarth (1515-1585) auf Schloss Todenwarth über das Leben des „Stammvaters“ der Familie.

 

Für den Schmalkalder Museumsdirektor war es ein Leichtes, in die Lebenszeit Eberhards einzudringen und in gewohnter lebendiger und spannender Weise das 16. Jahrhundert auferstehen zu lassen. Denn das Thema berührte vielfach seine Doktorarbeit, in der er sich mit der Plünderung der gefürsteten Grafschaft Henneberg 1554 beschäftigte. Ohne „Eberhard Todenwarth also kein Dr. Lehmann“ scherzte er und arbeitete heraus, wie sehr diese historische Persönlichkeit die Weichen für die weitere Entwicklung Südthüringens stellte. Denn just in den Monaten der Plünderung der Grafschaft weilte Eberhard Wolff von Todenwarth als Beamter der Henneberger am ernestinischen Hof in Weimar und hatte dort eine überaus wichtige diplomatische Mission zu erfüllen: den Staatsbankrott der Henneberger abzuwenden.

 

Eberhard, der als hennebergischer Kanzleisekretarius, Landrichter, Rat und Amtmann zu Schleusingen als hoher Beamter 35 Gulden im Jahr verdiente, musste eine Lösung für die gewaltigen Schulden der Grafschaft in Höhe von 200.000 Gulden finden und erzielte dabei einen fulminanten Erfolg: das ernestinische Herzogshaus überwies 130.470 Gulden. Die Schuldenkrise war damit gelöst – allerdings gegen die Zusage, dass das Henneberger Land bei einem kinderlosen Ableben der Grafen in sächsische Hände fällt – was 1583 dann auch eintrat. Doch zunächst war Henneberg Dank dieses sogenannten „Erbverbrüderungsvertrag von Kahla“, den die Grafen Wilhelm, Georg Ernst und Poppo von Henneberg-Schleusingen am 1.9.1554 unterzeichneten, gerettet. Wären die Verhandlungen in Weimar anders verlaufen, wäre aus dem Henneberger Land womöglich nie ein wettinisches, also sächsisches, geworden – zu eng waren von Alters her die Bindungen an Franken, stellte Dr. Lehmann klar. Die Geschichte Südthüringens nahm also unter der Verantwortung dieses Todenwarths eine entscheidende Wende, eine Orientierung gen Mitteldeutschland.

 

Während Eberhard in Weimar verhandelte, litt die Bevölkerung Hennebergs im Juli, August und September 1554 immens, denn 6000 unbezahlte Söldner marodierten durch die Grafschaft, weil sie während des Zweiten Markgräflerkrieges nicht bezahlt wurden und von den Siegern (die Hochstifte Bamberg und Würzburg sowie die Reichsstadt Nürnberg) in die kleine, militärisch schwache Grafschaft Henneberg geschickt wurden, um sich als Entschädigung für ausstehenden Sold selbst zu bedienen. Henneberg lag an der nördlichen Peripherie des fränkischen Reichskreises und nahm im Markgräflerkrieg eine neutrale Rolle ein; nicht zuletzt wegen Elisabeth von Rochlitz, die seit 1547 in Schmalkalden residierte und den geächteten Markgrafen Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach zwei Mal gegen ausdrücklichen Wunsch beider Schmalkalder Landesherren beherbergte, hatte man Grund, die Henneberger als Komplizen des Geächteten zu sehen und sich so der unbezahlten Söldner zu entledigen. Plünderungen und grausamste Taten nahmen in den hiesigen Ämtern viele Schrecken des Dreißigjährigen Krieges vorweg.

 

Außer seinen Amtsgeschäften ist über den „Jahreswolff“, den Dr. Jochen Halbig und der Freundeskreis Todenwarth e.V. für 2015 auswählten, wenig bekannt. Am 20.9.1515 wurde er als einziges Kind des hessischen Amtmanns Antonius (Thönges)Wolff von Todenwarth auf der Feste Stein am Rhein geboren. Noch nicht bewiesen, aber in einer familiengeschichtlichen Chronik überliefert, ist die spannende Anekdote, dass der französische König Franz I. 1519 anlässlich der Kaiserwahl in Frankfurt im nahen Rüsselsheim bei Antonius geheim Unterkunft nahm und an dem vierjährigen Jungen Eberhard ein solches Wohlgefallen fand, dass er den Vater bat ihn an den französischen Hof mitnehmen zu dürfen. Doch Antonius lehnte ab. Mit seiner Ehefrau und diesem einzigen Sohn (die Töchter waren alle verstorben) zog er 1526 zurück auf das Familienlehen, die Todenwarth, weil er zwar ein exzellenter Kämpfer war und u.a. für Philipp von Hessen große Erfolge gegen Franz von Sickingen erlangte, aber als Zivilbeamter mit der Bevölkerung im südhessischen Gebiet rau und ungerecht umging und daher als Amtmann abgesetzt wurde. Eberhard wuchs daher im Stammland der Familie auf und konnte hier seine Karriere angehen. Von großem Vorteil für seinen politischen Einfluss war ohne Frage die Heirat mit Anastasia, der Tochter des hennebergischen Kanzlers Johann Jäger 1544. Der Ehe entsprangen sechs Söhne und vier Töchter, wovon u.a. zwei Advokaten am obersten Gericht des Reiches, dem Reichskammergericht in Speyer, wurden, andere in der Region verblieben, wie Ortholf, über den etwa zahlreiche Schmalkalder Familien Todenwarth-Ahnen in ihre Stammbäume geschrieben bekamen oder Margaretha, die den hessischen Landrentmeister in Schmalkalden, Heinrich Zöllner, heiratete und deren Nachfahr in der 8. Generation Johann Wolfgang von Goethe ist.

30. September 2015, Todenwarth

Gaston Wolff von und zu Todenwarth

November 10th, 2014

„Erinnerung an den sinnlosen Tod des Gaston Wolff von und zu Todenwart vor 100 Jahren“!

Herzlich Willkommen zur Gedenkausstellung im Museum Schloss Wilhelmsburg, Schmalkalden

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die Presse von der Eröffnung am Mittwoch 12. November 2014

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Die Zwick-Schafe sind wieder da

September 11th, 2014

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Der Grenzadler ist zurückgekehrt

September 11th, 2014

Presse nach Einbau Juli 14

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